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150 Jahre Eisenbahn in Pfaffenhofen

150 Jahre Eisenbahn in Pfaffenhofen

i 5. April 2017 von U. Beyer / A. Sauer

1867 war es so weit: Die Eisenbahn kam nach Pfaffenhofen. Bis dahin waren die Menschen per Stellwagen oder Postomnibus gereist. In einem anregenden Vortrag zeichnete der Stadtarchivar Andreas Sauer die Entwicklung der Eisenbahn und ihre Bedeutung für Pfaffenhofen nach.

Welche Vorüberlegungen zum Eisenbahnbau wurden während der Planungsphase (1858 - 1864) angestellt? Man dachte an die militärische Bedeutung für Truppenbewegungen und Proviantversorgung. Auch die wirtschaftliche Perspektive wurde in Betracht gezogen. Hier spielten nicht nur die Vorteile für den Hopfenhandel eine Rolle. Und schließlich galt es, sich auf die günstigste Trasse zu einigen. Auf jeden Fall sollte der Regierungssitz München mit der Festungsstadt Ingolstadt verbunden werden.

Die Route sollte entweder über Augsburg - Friedberg - Aichach - Schrobenhausen - Hohenwart führen oder über Dachau, Jetzendorf, Scheyern und Pfaffenhofen. Man entschied sich für die kürzere der beiden Trassen. Allerdings lehnten die Grundbesitzer in Jetzendorf und Scheyern, allen voran der Abt des Klosters, diese Trassenführung vehement ab, im Gegensatz zu Pfaffenhofen, das unter Bürgermeister Rieder u. a. mit seinen 15 Gasthäusern und der Nahe zu Scheyern warb. Weitere Bahntrassen wurden angedacht aber nicht verwirklicht, z. B. eine Verbindung, die heute als Flughafenzubringer sehr nützlich wäre: von Pfaffenhofen über Freising - Erding - Ebersberg nach Rosenheim.

Im Bahnhofsgebäude gab es Wartesäle erster, zweiter und dritter Klasse. Eine Gaststätte wurde dort erst 1949 eröffnet. Vorher mussten die Reisenden die Münchener Straße überqueren, um zum "Königwirt" zu gelangen der von 1869-1980 bestand.

Wirtschaftlich machte sich die Eisenbahn vor allem durch die Ansiedlung von Industrie bemerkbar. Zum Beispiel siedelte die Maschinenfabrik Stocker nach Pfaffenhofen über - in die Münchener Straße. Schon 1886 war diese Firma international bekannt, 1889 war sie sogar auf der Weltausstellung in Paris vertreten. In Reichertshausen wurde nahe dem Bahnhof ein Quarzwerk gegründet, das jedoch bald in Konkurs ging. Es wurde zur Munitionsfabrik umfunktioniert und später nutzte die Käsefirma Kraft das bekannte Gebäude.

Als technische Neuerungen kamen noch vor 1900 eine Telefonverbindung zwischen Bahnhof und Stadt sowie Telefone für alle Bahnwärterhäuschen, die Züge wurden mit Heizung ausgestattet, und als Grundlage für zuverlässige Fahrpläne wurde die MEZ (Mitteleuropäische Zeit) eingeführt.

Das erste Eisenbahnunglück, von dem Pfaffenhofen betroffen wurde, ereignete sich 1889 bei Röhrmoos, verursacht durch einen betrunkenen Weichensteller. Ein Zug entgleiste, wobei der Pfaffenhofener Bezirksamtmann Schöller ums Leben kam; nicht so der Notar, mit dem er kurz zuvor den Platz getauscht hatte.

Die militärische Bedeutung der Eisenbahn im Ersten und Zweiten Weltkrieg belegen Fotos von Zügen voller einrückender Soldaten. 1919 fuhr auch Kriegsminister Reichardt von den "Roten" durch Pfaffenhofen. Noch im Zug wurde er gefangen genommen, bevor er verschwand.

Als Filmkulisse diente der Pfaffenhofener Bahnhof im Jahre 1954 für die Aufnahmen zum Film "Feuerwerk" (mit dem bekannten Chanson "Oh mein Papa"). Die Wahl fiel auf Pfaffenhofen, weil der Bahnhof damals noch aussah wie 1910 - das Jahr, in dem die Filmhandlung spielt. (Foto siehe oben)

Doch der technische Fortschritt war nicht aufzuhalten. Im Mai 1960 begegneten sich zwischen Pfaffenhofen und Reichertshausen zwei Züge mit der letzten Dampflokomotive und der ersten Elektro-Lok.

Vortrag: Andreas Sauer
Mitschrift: Ursula Beyer
Foto: Stadtarchiv

Lit.: Andreas Sauer: Pfaffenhofener Stadtgeschichte(n) Nr. 19, Oktober 2017







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