Ein bauliches Schmuckstück besitzt die Stadt Pfaffenhofen mit dem historischen Amtsgerichtsgebäude an der Ingolstädter Straße. Seine Errichtung fällt in eine Zeit der Reformen im bayerischen Rechtswesen, die die Trennung von Justiz und Verwaltung auf der unteren Gerichtsebene zum Ziel hatten. Wie in anderen Landgerichtssitzen machte dies auch in Pfaffenhofen einen Neubau erforderlich, um die anfallenden Aufgaben bewältigen zu können. Die Justizreform von 1862 sorgt für Raumprobleme Mit Wirkung zum 1. Juli 1862 wurde seitens des Königreichs Bayern eine durchgreifende Justizreform in Kraft gesetzt. Bis dahin hatten die sogenannten „Landgerichte“ sowohl Verwaltungsaufgaben als auch Funktionen als Justizbehörde auszuüben, der Landrichter war Verwaltungs- und Gerichtsherr in einer Person. Um die Gewaltenteilung auch auf der unteren Verwaltungsebene durchzusetzen sah die damalige Reform eine Trennung von Verwaltung und Rechtsprechung in den bestehenden Landgerichten vor, die künftig die neu eingeführten Bezirksämter (Verwaltung) bzw. die Landgerichte (Justiz) ausüben sollten. In Pfaffenhofen hatte das Landgericht seinen Sitz in der 1716 errichteten „Gerichtsschreiberei“. Dieses Gebäude musste nun zum 1. Juli 1862 sowohl das neu geschaffene Bezirksamt (Vorläufer des Landratsamts) als auch das Landgericht aufnehmen. Da die Räumlichkeiten den neuen Bedürfnissen nicht mehr entsprachen, musste seitens des Staates ein Neubau errichtet werden. Der Neubau an der Ingolstädter Straße Auf der Suche nach einem möglichen Standort wurde man schnell fündig. Am 21. Dezember 1863 veräußerte die Pfarrkirchenstiftung ein Grundstück an der Ingolstädter Straße für 1677 Gulden an den Bayerischen Staat. Auf dem 2830qm großen Bauplatz entstand im folgenden Jahr das neue Landgerichtsgebäude für Pfaffenhofen, dessen Erstellung 1865 endgültig abgeschlossen war. Mit dem prächtigen Bau besaß die Behörde nun ein Haus, in dem die neuen Aufgaben, die aufgrund der Justizreform auf die Mitarbeiter zukamen, angemessen erledigt werden konnten. Vor dem Gebäude schuf man eine prächtige Gartenanlage, die das Umfeld des neuen Landgerichtsgebäudes aufwertete. Ein neuer Name, Elektrifizierung und Erweiterung des Gebäudes Die Landgerichte erhielten im Jahr 1879 eine neue Bezeichnung, um im Zuge der Reichsjustizgesetzte die Justizbehörden im Deutschen Reich einheitlich zu benennen. Sie wurden in „Amtsgerichte“ umbenannt und führen bis heute diese Bezeichnung. Die gegen Ende des 19. Jahrhunderts einsetzende Modernisierung Pfaffenhofens betraf auch das Amtsgerichtsgebäude. Im 1901 wurde es an das Stromnetz der Amperwerke Elektrizitätsgesellschaft angeschlossen. Die zahlreichen Aufgaben, die auf das Amtsgericht zukamen, machten bereits im Jahr 1909 eine Großbaumaßnahme erforderlich. Das Gebäude musste aufgestockt werden, um weitere Amtsräume unterzubringen. Der Dachstuhl wurde abgehoben und ein neues Stockwerk eingezogen, zugleich erhielt das Gebäude eine neue elektrische Anlage. Das damals 14 Männer umfassende Personal (einschließlich des Gefängniswärters des 1880 errichteten Amtsgerichtsgefängnisses) konnte nun auf lange Sicht in modernen und großzügigen Räumlichkeiten arbeiten. Der Fortbestand des Amtsgerichts steht kurzzeitig in Frage Das Amtsgericht Pfaffenhofen geriet zur Zeit der großen Landkreis- und Gemeindegebietsreform der 1971 und 1972 in den Blick der Verantwortlichen. Mit der Neuordnung der Landkreise mussten auch Amtsgerichtsbezirke angepasst oder sogar aufgelöst werden. Heiß diskutiert wurde dabei die Frage nach Erhalt und Fortbestand des Amtsgerichts Pfaffenhofen. Es drohten der Verlust der Eigenständigkeit und die Angliederung nach Ingolstadt. Nach einem Jahr der Unsicherheit fiel im Februar 1973 jedoch die Entscheidung für den Erhalt des Amtsgerichtsbezirks Pfaffenhofen. Das Amtsgericht erhielt sogar den Zuständigkeitsbereich des aufgelösten Amtsgerichts Geisenfeld zugewiesen und ist seitdem für das gesamte Landkreisgebiet zuständig. Das geschichtsträchtige Amtsgerichtsgebäude in neuem Glanz Der Sitz des Amtsgerichts musste aufgrund des gewachsenen räumlichen Zuständigkeitsbereichs und gewachsener Aufgaben saniert und erweitert werden. Im Jahr 1986 fand das Richtfest für den Erweiterungsbau im rückwärtigen Teil des Gebäudes statt, bis Juni 1988 war der Erweiterungsbau fertiggestellt. Das Gebäude aus dem Jahr 1864 erstrahlte nach der grundlegenden Renovierung für viereinhalb Millionen DM wieder im Glanz der Entstehungszeit. Damals wie heute ist das Gebäude ein Blickfang für alle Vorübergehenden. (Andreas Sauer, Juni 2014)
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