Euernbach in der Gemeinde Scheyern hat ein neues Kleinod: Das lange leerstehende Schulhaus, ein denkmalgeschütztes Gebäude, erstrahlt in neuem Glanz und wurde behutsam zu Wohnraum umgebaut – eine Lösung, die historischen Bestand bewahrt und zugleich die Wohnraumnot lindert.GeschichteDer östliche Teil des Schulhauses entstand bereits um 1805, wurde jedoch bald zu klein und um 1880 durch einen Hauptbau erweitert. Eine weitere Vergrößerung folgte 1907. Besonders der westliche Teil zeigt den repräsentativen Baustil der Gründerzeit mit typischen Elementen des Jugendstils und der Heimatarchitektur: auffällig sind der polygonale Erker an der Nordwestecke und der Balkon aus durchbrochenem Mauerwerk. Das stattliche Gebäude beherbergte ursprünglich zwei Klassenzimmer, eine Lehrerdienstwohnung und die Gemeindekanzlei. Bis 1982 wurde hier unterrichtet. Nach der Schulauflösung blieb die Lehrerwohnung noch einige Jahre vermietet, während Vereine die übrigen Räume nutzten. Im Laufe der Zeit setzten jedoch Verfall und Witterung dem Haus zu – Böden waren teilweise verfault, und durch das Dach drang Regen ein. Dennoch blieb die Bausubstanz grundsätzlich erhaltenswert.NeubeginnMit dem Verkauf des Gebäudes stellte sich die Frage nach einer neuen Nutzung. Das Ehepaar Angelika und Jürgen Hlady, das in Geisenfeld ein Innenarchitekturbüro betreibt, nahm sich der Aufgabe mit großem Engagement an. Beide verfügen über langjährige Erfahrung in der Sanierung historischer Gebäude und arbeiteten in enger Abstimmung mit dem Denkmalamt ein Konzept aus, das den Charakter des Hauses bewahrt und zugleich modernen Wohnraum schafft.Behutsam wurden die originalen Elemente erhalten und instand gesetzt: das alte Eichenholz-Treppenhaus, die Dielenböden, zahlreiche Türen und Fenster. Schadhafte Bodenfliesen konnten durch passende historische Stücke ersetzt werden. Die alten Kastenfenster wurden restauriert und mit Vakuum-Dämmglas ausgestattet, wodurch sie heutigen energetischen Anforderungen entsprechen.Überall entdeckt man historische Details – etwa die schönen alten Türschlösser und Fenstergriffe. Neu, aber nach altem Muster gefertigt, sind die schwarzen Lichtschalter, mit denen man das Licht andreht. Solche liebevoll bewahrten Elemente verleihen dem Gebäude seinen besonderen Charme und erzählen vom Respekt gegenüber seiner Geschichte.Das Amt für Denkmalschutz genehmigte auf der rückwärtigen, straßenabgewandten Seite den Anbau von Balkonen und eine zusätzliche Gartentür. Ansonsten blieb das äußere Erscheinungsbild nahezu unverändert: der charakteristische Eck-Erker, die gemauerte Balkonbrüstung, die Fenstersimse und sogar die Kaminköpfe wurden originalgetreu rekonstruiert. Nicht mehr restaurierbare Fenster werden aus denkmalpflegerischen Gründen als Referenzstücke auf dem Dachboden aufbewahrt.Das mächtige Walmdach wurde stabilisiert und neu gedeckt. Dabei blieb der vorhandene Dachraum mit seinen kleinen Öffnungen erhalten, sodass auch die dort ansässigen Fledermäuse weiterhin Unterschlupf finden. Für die Bewohner wurden im Dachraum transluzente, begehbare Lagermodule eingebaut, die staubfreies Verstauen ermöglichen.Hinter dem Gebäude wurde der ehemalige Schulgarten erhalten und als Gemeinschaftsgarten für die Bewohner nutzbar gemacht. Mit heimischer Bepflanzung, Gemeinschaftsterrasse und einer großen Rasenfläche lädt er zum Austausch und Verweilen ein – ein grüner Ort der Begegnung, der das neue Wohnensemble harmonisch abrundet.Heute ist das ehemalige Schulhaus ein „Wohnhaus mit fünf individuellen Einheiten“, das historischen Charme und modernen Wohnkomfort verbindet. Es steht beispielhaft dafür, wie sorgfältige Planung, handwerkliche Qualität und Respekt vor der Geschichte ein Baudenkmal zu neuem Leben erwecken können – und zeigt, dass Tradition und Gegenwart harmonisch zusammenfinden.Hier wurde sowohl dem Denkmal- als auch dem Tierschutz Genüge getan, mit einem höchst erfreulichen Ergebnis: Erhaltung des historisch gewachsenen Ortsbildes und Wohnraum für Mensch und Fledermaus.Verfasser: Ursula Beyer und Jürgen HladyFotos: Angelika Hlady und Ursula Beyer
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