Neues und Historisches

Ausgrabungen in der Kellerstraße auf dem Areal der Pfaffenhofener WBG Ausgrabungen in der Kellerstraße auf dem Areal der Pfaffenhofener WBG

Ausgrabungen in der Kellerstraße auf dem Areal der Pfaffenhofener WBG

i 18. Oktober 2017 von F. Leipold

Am Freitag, den 13.10.2017 lud der Heimat- und Kulturkreis zu einer Zeitreise in die mittelalterlichen Slums von Pfaffenhofen. Auf Einladung der Vorsitzenden Ursula Beyer kamen zahlreiche historisch Interessierte, um die neuesten Erkenntnisse zu erfahren, die durch die Grabung gewonnen werden konnten.

Bei den aktuellen Bauarbeiten in der Kellerstraße stieß Herr Dr. Jan Weinig von der Ingolstädter Grabungsfirma Pro Arch auf etwas, mit dem niemand gerechnet hatte. Unter den bekannten frühneuzeitlichen Bierkellern, die im späten 17. Jahrhundert entstanden sein dürften, entdeckten der Archäologe und sein Team Spuren von mittelalterlichen Wohnhäusern, vermutlich Fachwerkhäuser. Dass an dieser Stelle einst eine Vorstadt vor den Mauern Pfaffenhofen existiert hatte, war bislang unbekannt. Einzelne Keramikfunde datierte Herr Weinig sogar bis ins 13. Jahrhundert. Diese Funde legen aber nicht nahe, dass auch die Bebauung aus dieser Zeit stammt. Hochqualitative Gefäße aus dem Hochmittelalter waren mitunter lange nach ihrer Entstehung im Gebrauch. Bei den meisten Funden handelt es sich hingegen um Scherben aus dem ausgehenden Mittelalter und der Frühen Neuzeit. Eindrucksvoll erklärte Herr Weinig, wie man Scherben datieren kann – unter anderem daran, dass Gefäße im Spätmittelalter mit Hilfe von Rinderurin wasserdicht gemacht wurden. Im Vergleich zur Qualitätsware aus dem Hochmittelalter seien solche Stücke eine Art „Plastikgeschirr“ der Vergangenheit gewesen.

Wie Herr Weinig erklärte, wäre eine mögliche Interpretation der Befunde, dass sich an der Stelle der späteren Bierkeller der Pfaffenhofener Brauereien zwischen 1300 und 1500 Menschen angesiedelt hatten, die im eigentlichen Stadtkern keinen Platz mehr gefunden hatten. Möglicherweise, weil Pfaffenhofen damals wie viele oberbayerischen Städte einen regelrechten Boom erlebte, nach dem die Siedlung nach dem Stadtbrand von 1388 neu errichtet worden war, und innerhalb der Stadtmauern kein Platz mehr zu finden war. Möglicherweise, weil sich ärmere Leute es sich finanziell nicht leisten konnten, Bürger der Stadt zu werden.

Warum die Häuser vor der Stadtmauer im Nordwesten von Pfaffenhofen um 1500 aufgegeben wurden ist unklar. Vielleicht hängt dieses Geschehen zusammen mit der sich allgemein verschlechternden Lage. Um 1500 verschob sich das europäische Wirtschaftsleben nach Westen, wo Spanien und Portugal von ihren Kolonien im neu entdeckten Amerika profitierten. Die kleine Eiszeit sorgte für schlechtere Ernten und einen Bevölkerungsrückgang. Speziell im Pfaffenhofener Land kamen die Zerstörungen des Landshuter Erbfolgekrieges hinzu. Am 9. Juni 1504 wurde die Stadt sogar teilweise abgebrannt.

Die Ausgrabungen in der Kellerstraße bereichern die Pfaffenhofener Stadtgeschichte mit einem bisher unbekannten Aspekt, der in den schriftlichen Quellen nicht überliefert ist. Die Gruppe um die HKK-Vorsitzende Ursula Beyer zeigte sich beeindruckt von der anschaulichen Führung durch Jan Weinig, die eine Zeitreise darstellte, in eine Epoche als Pfaffenhofen bereits schon einmal - damals im Mittelalter - einen Bau-Boom erlebte.

Bildbeschreibungen:
1573 Flurplan: Ein Flurplan aus dem Jahr 1573 zeigt in dem betroffenem Gebiet bereits keine Bebauung mehr. (Quelle: Stadtarchiv Pfaffenhofen)

Fotos: U. Beyer, veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung durch das Landesamt für Denkmalpflege.

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