Pfaffenhofen hat wieder ein Museum, und zwar ein ganz lebendiges, zum Anfassen: die „Alte Wachszieherei“ im Haus Hipp. Hier in der Werkstatt seiner Vorfahren erklärte Hans Hipp für den Heimat- und Kulturkreis Pfaffenhofen und weitere interessierte Gäste auf anschauliche Weise die Verarbeitung von Bienenhonig und Bienenwachs zu „feinen Honigzelten“, Kerzen und Votivgaben. Wie entstanden hier weiße Kerzen? Der Imker lieferte außer dem Honig auch die Bienenwaben. Diese wurden in einem großen Bottich in Wasser gekocht. Beim Abkühlen setzte sich das Wachs an der Oberfläche ab, wurde abgeschöpft, nochmals eingeschmolzen und in rechteckige Pfannen gegossen, so dass gleichgroße, dicke Tafeln entstanden, die man gut lagern konnte, bevor man das Wachs weiterverarbeitete. Zur Kundschaft der Wachzieherei Hipp gehörten die Kirchen in der Umgebung. Da diese jedoch keine honiggelben, sondern weiße Kerzen haben wollten, musste das Wachs gebleicht werden. Dazu wurde es wieder eingeschmolzen, auf Brettern mit flachen, runden Vertiefungen zu etwa untertassengroßen, dünnen Scheiben gegossen und ein paar Tage lang hinter dem Haus in der Sonne gebleicht. Dabei galt es, darauf zu achten, dass sie nicht durch Rußpartikel aus der benachbarten Brauerei verschmutzt wurden, sonst mussten sie noch einmal gekocht und dadurch gereinigt werden. Entlang einer der Museumswände steht noch wie früher die Vorrichtung zum „Ziehen“ der Kerzen: Links und rechts von einer langen Wanne befinden sich zwei riesige Zylinder, auf die ein sehr langer Docht aufgerollt ist, während in der Wanne Wachs geschmolzen werden kann. Zur Kerzenherstellung wurde der Docht von einer der Rollen durch das heiße Wachs auf der anderen Seite gezogen und auf der zweiten Rolle aufgerollt. Bei jedem Durchgang lagerte sich eine Wachsschicht um den Docht an. So ging es hin und her, bis die erwünschte Kerzendicke erreicht war. Diese noch warme, lange „Wurst“ wurde nun in Stücke mit der gewünschten Länge geschnitten, gleich anschließend wurden die noch formbaren Kerzenrohlinge auf einer Marmorplatte hin und her gerollt, so dass sie „kerzengerade“ wurden, und während des Rollens mit dem „Köpfholz“ zugespitzt. Dies erforderte höchstes Geschick, deshalb führte Hipp Senior diesen Arbeitsschritt immer persönlich aus. Damit man in der Kirche die Kerze auf den Dorn des Kerzenhalters stecken konnte, musste in ihren Fuß eine passende Höhlung gebohrt werden. Schließlich wurden die Kerzen noch mit Hartwachs übergossen, sodass sie eine stabile Haut bekamen. Zur Identifizierung des Herstellers wurde das untere Ende mit der Innungsnummer des Wachsziehers gestempelt. Nach diesem höchst interessanten, mit persönlichen Anekdoten bereicherten Vortrag konnten sich die Zuhörer mit Kaffee und Kuchen verwöhnen lassen. Das Museum ist zu den Öffnungszeiten des Hauses immer zugänglich – außer im Sommer, wenn die Gäste auf der Terrasse bewirtet werden. Ein Besuch lohnt sich auf alle Fälle.Foto: Hipp
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