Schon über hundert Jahre lang ist das Haus am Schleiferberg 7 im Besitz der gleichen Familie. Dabei ist es nach der Häuserchronik von Heinrich Streidl noch beinahe 30 Jahre älter. Ursprüngliches Baujahr ist 1880.1909 erwarben es Martin und Katharina Braun, die Vorfahren des heutigen Eigentümers Damals hatte es nur ein Erdgeschoss. 1920 kam noch ein Stadel dazu, der heute als Garage genutzt wird. Eine kleine Landwirtschaft diente lange der Selbstversorgung. Im Stadel – später Stall – waren bis in die 50-er Jahre eine Kuh, einige Ziegen, Schweine und Hühner sowie mehrere Stallhasen untergebracht. Die Küche wärmte ein großer Holzofen, auf dem die Hausfrau Mahlzeiten für die Familie zubereitete, aber z. B. auch Kartoffeln für die Schweine „gedämpft“ wurden. In anderen Wohnräumen standen kleine Kohleöfen. Diese wurden in den 1960-er Jahren ersetzt durch Nachtstrom-Öfen und später durch Öl-Öfen, die man noch mit der Kanne betankte. Erst 1972 wurde eine Öl-Zentralheizung installiert, heute u. a. ergänzt durch Solarthermie und Nutzung der Photovoltaik-Anlage auf dem Dach.Statt des üblichen Plumpsklos neben dem Misthaufen hinter dem Haus und einer per Muskelkraft zu bedienenden Wasserpumpe vorne am Gartenzaun gibt es seit etwa 1960 natürlich moderne Sanitäranlagen. In den 1930-er Jahren lebten 7 Personen auf den 50 m² Grundfläche: Das Eigentümerpaar mit den fünf Kindern, darunter die Mutter des heutigen Hausbesitzers. Auf Grund der beengten Wohnverhältnisse wurde das Gebäude 1936 aufgestockt und über der Haustür mit einem hübschen Flacherker versehen. Der Dachstuhl wurde wieder verwendet. Er stammt also im Wesentlichen noch aus der Bauzeit. Nur ein Teil des Hauses ist unterkellert. Das mit handgemachten Ziegeln gemauerte Kellergewölbe hatte anfangs nur eine Gewölbehöhe von 160 cm. Bei konstanter Wandtemperatur von ca. 10°C lagerten hier Vorräte. Im Zweiten Weltkrieg diente der Raum auch als Luftschutzbunker bei Fliegeralarm. Als Lagerraum wurde er mit der Zeit zu feucht und modrig. Deshalb wurde er leergeräumt, das Gewölbe freigelegt, der Raum vertieft und der zusätzliche Betonsockel verblendet mit historischen Ziegeln aus Ungarn. Hier befindet sich jetzt eine kleine, stimmungsvolle Hausbar mit einer Infrarot-Heizung, die in den Spiegel integriert ist.Die Geschichte dieses Hauses veranschaulicht die Entwicklung Pfaffenhofener Lebensweise abseits der Stadtmitte, weg von landwirtschaftlicher Prägung hin zu mehr Komfort. Es ist erfreulich, dass die Eigentümer im Lauf der Jahrzehnte nachhaltig mit der Bausubstanz umgegangen sind. Anstatt das alte Haus abzureißen und durch einen Neubau zu ersetzen, wurde es aufgestockt unter Beibehaltung des Dachstuhls und immer wieder renoviert und den Bedürfnissen der Familie angepasst. Das Mauerwerk ist bis auf breitere Durchgänge im Erdgeschoss fast vollständig erhalten. Türen, Holztreppen und Zugänge zu Keller und Dachboden wurden geändert.Um die Fassade besser vor Witterungseinflüssen zu schützen, wurde ein Dachüberstand angebracht, der in den 1930-er Jahren noch nicht erlaubt war.Im Lauf der Zeit mussten viele Holzteile ersetzt werden: der Gartenzaun, die Kastenfenster, die Fensterläden, die Haustür. Fast all dies besteht heute aus Kunststoff und Metall. Doch der ursprüngliche Charakter des Hauses ist erhalten.Dass dem Eigentümer die Geschichte und alte Bausubstanz seines Zuhauses etwas bedeuten, zeigt sich u. A. an einer Tafel im Flur, auf der eine Dokumentation zum Schleiferberg 7 seit 1874 zusammengestellt ist - mit den Bauplänen zum Stadel und zur Aufstockung. Darauf erkennt man auch ein Stück „Straßengeschichte“, denn noch 1920 wurde der Verlauf des Schleiferbergs an Haus Nummer 5 nur als „Fuhrweg“ bezeichnet. Mit der Änderung des Straßenverlaufs änderte sich auch dies.Dieses mehr als ein Jahrhundert lang erhaltene Gebäude ist mit der Familie gewachsen, hat sich den modernen Bedürfnissen angepasst und wird weiterhin sorgfältig gepflegt. Was für ein erfreuliches Beispiel für Nachhaltigkeit.
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