Drei Architekturstudierende von der TU München - David Lachermeier, Helena Bauer und Victor Holz - haben sich an den Heimat- und Kulturkreis Pfaffenhofen gewandt, auf der Suche nach einem geeigneten Objekt für eine Studienarbeit. Es sollte ein historisches Gebäude sein, das sie vermessen konnten und von dem es möglichst noch keine Pläne gab. Da bot sich der Hungerturm an, der den dreien dann auch gefiel und geeignet erschien. Für eine Studienarbeit am Lehrstuhl für Baugeschichte, Historische Bauforschung und Denkmalpflege, Prof. Alexander von Kienlin, machten sie Anfang Mai mit Schnurgerüst, Block und Bleistift eine "historische Bauaufnahme". Fünf Tage lang waren sie damit beschäftigt. Sie übten dabei das "verformungsgerecht Handaufmaß", das heißt, handwerkliches Vermessen ohne die heute üblichen technischen Hilfsmittel wie Kamera, 3-D-Scanner und Tachymeter. Jede Krümmung der Wand wird dabei genau ausgemessen, denn historische Gebäude weisen Unregelmäßigkeiten auf und können sich mit der Zeit auch verformt haben.Das Ergebnis wurde im Anschluss online präsentiert. Kopien der Bauzeichnungen bekommt danach der Heimat- und Kulturkreis und das Stadtarchiv Pfaffenhofen. Auch ein öffentlicher Vortrag ist angedacht.Heutzutage ist etwa die Hälfte der Architekturstudenten weiblich. Unter den praktizierenden Architekten sind Frauen allerdings noch unterrepräsentiert. Jeder Architekturstudent muss sich mit Baugeschichte und entsprechend auch mit verschiedenen Baustilen befassen. Speziell die Denkmalpflege ist kein Muss, jedoch werden im Rahmen des Studiums Baudenkmäler inspiziert. So berichtete Helena Bauer von einer Exkursion nach Ingolstadt zur Besichtigung historischer Dachstühle. Im fortgeschrittenen Studium kann man sich für verschiedene Vertiefungsmodule entscheiden. Unsere drei haben sich für die historische Bauaufnahme entschieden, weil sie es spannend finden, Werkzeuge und Techniken von früher anzuwenden, und weil man durch die Beschäftigung mit historischen Gebäuden etwas über den geschichtlichen Hintergrund erfährt.Bereitwillig gingen die drei auf Fragen ein, z. B. zur derzeitigen Lehrmeinung bezüglich Dach- und Fensterformen. Victor Holz fasst zusammen, dass jede Dachform ihre Vorteile hat. Das Flachdach lässt sich gut begrünen, während vom Satteldach der Regen besser abfließt. Die Dachform sollte sich dem Umfeld anpassen, besonders was Wohnbebauung angeht. Auch die Fenster sollten sich an der Umgebung orientieren, wobei hohe, senkrechte Fenster mehr Licht einfangen als waagrechte. Auch auf ein Gedankenspiel ließen sich die drei zukünftigen Architekten ein: Wie würden sie einen Anbau an den Hungerturm gestalten, falls dieser einmal als Galerie oder Café genutzt werden sollte? Welche Materialien würden sie verwenden? Ein Ziegelbau mit Zugang zum Turm über die obere Tür oder ein möglichst offener länglicher Bau aus Holz und Glas mit Pultdach in einigem Abstand wurden vorgeschlagen. Alle drei waren sich einig, dass der Turm weiterhin frei stehen sollte. Gerne hätten sich die drei Studierenden noch länger und genauer mit dem Hungerturm befasst, z. B. die Grundrisse aller Ebenen genau ausgemessen, denn die Mauern sind unten dicker als oben. Reizvoll wäre auch gewesen, die vielen, ganz unterschiedlichen Fenster auszumessen oder Aquarellzeichnungen von der abwechslungsreichen Struktur des Mauerwerks anzufertigen. Sie haben sich gefreut über das große Interesse von Passanten und Schulkindern, sowohl an ihrer Arbeit als auch am Turm selbst. Viele haben gerne mal hineingeschaut, wenn die Tür offen stand. Wenn Corona bezwungen ist, gibt es bei Stadtführungen sicher wieder Gelegenheit dazu.
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