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Luise Andre, geb. Lechner - ein waschechte Pfaffenhofenerin

Luise Andre, geb. Lechner - ein waschechte Pfaffenhofenerin

i 4. Februar 2020 von U. Beyer

In der Lutz-Schule geboren, seit dem 4. Lebensjahr in der Turnhalle zu Hause, das ist Luise Andre, geborene Lechner, Jahrgang 1937. Wie wird man in einer Schule geboren? Wenn der Großvater dort Hausmeister ist und in der Hausmeisterwohnung lebt. Als sich die Geburt ankündigte, begab sich die werdende Mutter dorthin, um nicht auf sich allein gestellt zu sein. Hausgeburten waren damals noch der Normalfall, und trotz fachkundiger Betreuung durch einer Hebamme war es beruhigend, von der Familie umsorgt zu werden.

Der Vater Alois Lechner stammte aus München. Durch den Reichsarbeitsdienst, der 1935 vom Hitler-Regime eingeführt worden war, kam er nach Pfaffenhofen, wo er in leitender Position an der Ilmregulierung beteiligt war. Beim Sport in der Turnhalle lernte er seine zukünftige Frau Therese kennen.
Das Paar heiratete und baute sich ein Haus in der Scheyerer Straße. Den Plan hatte Alois Lechner selbst gezeichnet, denn er hatte studiert und beruflich bei einer jüdischen Firma in München freitragende Dachstühle gebaut. Nach einer Heimkehr aus dem Zweiten Weltkrieg bekam er Arbeit in der Stadtverwaltung.

Bei Kriegsbeginn, war seine Tochter knapp drei Jahre alt. Deshalb hat sie davon nicht allzu viel mitbekommen und weiß manches nur aus Erzählungen der Mutter. Weil das elterliche Haus einen Keller besaß, im Unterschied zu den Nachbarhäusern, diente dieser als Luftschutzkeller. Die Schutzsuchenden bekamen ganz bestimmte Sitzplätze zugewiesen. Wer sich nicht an die vorgeschriebene Ordnung halten wollte, dem drohte der Blockwart mit KZ-Haft in Dachau.
Das kleine Mädchen war ein ungehorsames Kind und schlüpfte bei Fliegerangriffen gerne hinaus in den Garten, um die Flugzeuge auf ihrem Weg Richtung München zu beobachten. In Bombennächten war der südliche Himmel durch Feuer erhellt. Der Münchner Großvater kam bei einem solchen Bombenangriff ums Leben.

Der Krieg dauerte noch an, als Luise in die Schule kam; das war die Mädchenschule, heute Haus der Begegnung. Rechts lagen die Schulräume, links wohnten die Schulschwestern. Bei Fliegeralarm ging es nicht in den Keller, sondern die Kinder wurden einfach heimgeschickt. Die Zeitumstände wirkten sich auch auf andere Weise auf den Schulalltag aus. Weil das Schulhaus bald als Lazarett für verwundete Soldaten diente, fand ein Teil des Unterrichts beim Pfaffelbräu im Nebenzimmer statt. Und unmittelbar nach Kriegsende bestand Luises Klasse sage und schreibe aus 68 Kindern, Mädchen und auch Buben.

Die überwiegende Mehrheit der Schüler war damals katholisch. Während des Religionsunterrichts musste die einzige evangelische Mitschülerin das Klassenzimmer verlassen und sogar bei Kälte im ungeheizten Treppenhaus auf den Stufen sitzen. Mitleidig fragte Luise im Winter einmal, warum die Schulkameradin draußen bleiben und frieren müsse. "Das verstehst du nicht." gab die Schulschwester zur Antwort.

Ab der vierten Klasse hatten die Schülerinnen die Möglichkeit, Englisch zu lernen. Das war jetzt auch recht nützlich, denn "Thank you very much" sagten die Kinder nicht ungern, wenn die amerikanischen Besatzer Schokolade verschenkten.

Sport und Bewegung waren und sind Luise Andres Lebenselixir. Seit dem Alter von vier Jahren fühlt sie sich in der Turnhalle der Lutz-Schule (damals noch Knabenschule) zu Hause. Mit ihren Eltern war sie schon als Kind und Jugendliche im Sportverein, dem MTV, aktiv. Sie turnte gerne und gut, spielte Tennis und lernte sogar Ballet. Auf vielen Faschingsbällen in Pfaffenhofen trat die Ballet-Truppe zu Vorführungen auf. Als Erwachsene baute sie die Damen-Handballmannschaft auf und betätigte sich über 40 Jahre lang als Übungsleiterin. Jahrelang trug sie Verantwortung im Vorstand. Noch heute ist sie MTV-Mitglied.

Im Winter waren die vier Eisweiher entlang der Scheyerer Straße ihr Lieblingsplatz. Der erste befand sich dort, wo heute die Realschule steht, dahinter folgten zwei weitere, und bevor der vierte kam, teilte sich der Gerolsbach (beim heutigen Wehr hinter dem Gymnasium). Einer der Arme floss hinüber zur Scheyerer Straße, folgte ihr bis zur Quellengasse und bog dann Richtung Südosten ab, um sich wieder mit dem anderen Arm zu vereinigen. Ein Stück parallel zur Scheyerer Straße ist heute noch offen, der Rest wurde verrohrt.
Der eigentliche Zweck dieser Weiher war die Eisproduktion für die Pfaffenhofener Bierkeller. Doch die Eisläufer und Eisstückschützen waren gar nicht begeistert, wenn sich Brauereiarbeiter daran machten, das Eis zu schneiden und in langen Stangen abzutransportieren.

Als Luises jüngerer Bruder ein Akkordeon bekam, wollte sie ebenfalls Akkordeon-Unterricht. Den gab eine Frau Firnkäs, die gegenüber dem Bahnhof lebte und ihre Schüler unterrichtete. Der Weg dorthin führte allerdings an der Turnhalle vorbei, wo die Sportbegeisterte oft hängen blieb. Dass sie schwänzte, kam erst auf, als die Musiklehrerin, die auch einen Wildbret-Stand auf dem Markt betrieb, die Mutter eines Tages beim Einkaufen fragte, warum ihre Tochter denn nicht mehr zum Musikunterricht käme. Das Donnerwetter zu Hause blieb jedoch aus, denn der Vater reagierte gelassen: "Wenn du nicht Akkordeon lernen willst, dann sag es. Du musst ja nicht." Damit war die Angelegenheit erledigt. Alois Lechner war ein verständnisvoller, moderner Vater. Im Unterschied zu vielen seiner Zeitgenossen hielt er nichts von Gebrüll oder gar körperlichen Strafen. Er war aufgeschlossen, humorvoll, sang gerne mit seinen Kindern und erklärte ihnen vieles, zum Beispiel beim Blättern im Atlas.

Die Mutter war gelernte Schneiderin und nähte alles selbst. Wenn sie ihre Tochter dabei ertappte, dass sie aus Bequemlichkeit bei der Handarbeit einen zu langen Faden genommen hatte, um nicht so oft vernähen zu müssen, tadelte sie mit dem traditionellen Spruch "Langes Fädchen, faules Mädchen."

Nach acht Jahren Volksschule machte Luise eine Lehre im Lebensmittelgeschäft ihres Onkels Anton Herterich, besuchte die Handelsschule in Ingolstadt und arbeitete schließlich als Bürokraft in der Münchener Strickwarenfabrik Arona, die sich später in Pfaffenhofen niederließ, heute jedoch nicht mehr existiert.

1958 heirateten Luise Lechner und der Schriftsetzer Erwin Andre, der sich bald zum Betriebsleiter im Ilmgau-Kurier und im Ludwig-Verlag hocharbeitete. Aus diesem Hause stammt z. B. Heinrich Streidls Heimatbuch über die Geschichte Pfaffenhofens und seine Häuserchronik. Heute existiert der Verlag nicht mehr, und der Ilmgau Kurier wurde vom Donaukurier übernommen und in Pfaffenhofener Kurier umbenannt.

1963 bauten die beiden jungen Leute ein Haus am Schleiferberg. Das Grundstück hatten die Eltern Lechner schon vor Jahren gekauft und gleich auf ihre Tochter Luise überschrieben. Dafür musste die damals 18-Jährige aber erst amtlich für volljährig erklärt werden, denn das wurde man bis 1975 erst mit 21.

Als die Kinder kamen, gab die junge Mutter ihren Beruf auf und kümmerte sich zu Hause um Haushalt und Familie. Mittlerweile sind Sohn und Tochter und sogar schon die Enkel erwachsen und erfolgreich.

Dem Heimat- und Kulturkreis trat Luise Andre schon vor über vierzig Jahren bei, als der Verein nach der Wiedereröffnung des Museums 1978 im Mesnerhaus wiederbelebt wurde. (Während des Krieges war das Museum in ein Depot in Eschelbach ausgelagert und das Vereinsleben ruhte.) Sie erinnert sich noch an die Umzüge vom Vereinsheim im Flaschlturm in den Stadtturm an der Oberen Stadtmauer 17 und schließlich in den Klostertrakt der Spitalkirche, wo der Verein gegenwärtig zwei Räume nutzt. Gerne half sie bei der Gestaltung von Vereinsfeiern, fotografierte und schrieb Berichte über Exkursionen. Heute sammelt und archiviert sie Zeitungsartikel über Vereinsaktivitäten und die Interessenschwerpunkte des Vereins, nämlich Heimatgeschichte und das materielle Kulturerbe von Stadt und Landkreis Pfaffenhofen .

Luise Andres körperliche und geistige Frische weckt in jüngeren Vereinsmitgliedern die Hoffnung, ebenfalls bis ins hohe Alter ein aktives, selbstbestimmtes Leben führen zu können.

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