Ein Spaziergang durch das Beamtenviertel ist eine kleine Zeitreise der Wohnbebauung in Pfaffenhofen der 20er und 30er Jahre des letzten Jahrhunderts.Pfaffenhofen erlebte damals das erste, größere Wohnraumbeschaffungsprogramm seiner Geschichte. Ursache war der stetig steigende Zustrom an Menschen in die Stadt, der bis heutzutage anhält. Es sei daran erinnert, dass Pfaffenhofen 1871 ca. 2500 Einwohner hatte. 1905 waren es bereits 4000 und 1930 etwa 5000 Einwohner. Um die Wohnungssituation zu verbessern, wurde 1925 die „Gemeinnützige Baugenossenschaft Pfaffenhofen“ ins Leben gerufen. „Die Genossen konnten Anteile zeichnen, um finanziell zum Bau von Wohngebäuden beizutragen, die an Mitglieder vermietet oder verkauft werden sollten. Die Genossenschaft löste sich jedoch zwei Jahre später bereits wieder auf, die erbauten Häuser erwarb die Stadt.“(Ref: Stadtarchiv Pfaffenhofen).Die Stadt trieb dann bis über die Mitte der 30er Jahre das städtische Wohnungsbauprojekt weiter voran. Es entstanden Einfamilienhäuser, Doppelhäuser zum Kauf (teilweise Erbpacht) und Mehrfamilienhäuser mit Mietwohnungen.Interessant ist die Bezeichnung Beamtenviertel. Wenn man die Häuserchronik von Heinrich Streidl durchblättert, so wird an zahlreichen Stellen die Berufsbezeichnung des Haus- bzw. Grundstückkäufers genannt. Gaben also Berufe wie z.B. Inspektor, Zollobersekretär, Schulrat, Krankenkassenverwalter, Bezirksbaumeister und Amtmann dem Wohnviertel den Namen des Wohnviertels?Unser Spaziergang beginnt an der Ecke Gritschstraße/Lettnerstraße. Dieser Standort bietet uns einen überaus schönen Blick auf die Häuser der damaligen Zeit. In der Gritschstraße aufwärts wurden 1925 die ersten fünf Wohnhäuser des Beamtenviertels errichtet. In der Schrenkstraße erfolgte dann ein Jahr später der Bau von weiteren Häusern. Das erste Haus gehört der Hlg. Geist- u. Gritsch’schen Fundationsstiftung. Die nächsten Häuser fallen durch ihre Dachform auf. Sie ist übrigens charakteristisch für das Beamtenviertel. Gemeint ist das Mansarddach, welches auf den französischen Architekten Francois Mansart zurückgeht. Er hat im 17. Jahrhundert in Paris Dachformen mit unterschiedlichen Neigungen an zahlreichen Prachtbauten und Villen konzipiert. Die untere Dachfläche ist deutlich steiler als die obere, woraus sich eine verbesserte Nutzbarkeit von Dachgeschossen ergibt.Anscheinend hatte der damalige Architekt des Beamtenviertels ein Faible für diese Dachform.Unser Spaziergang geht weiter in der Kohnlestraße. Hier sind in den 30er Jahren schöne Häuser, teilweise mit Mansarddach, errichtet worden. Es ist leider schon sicher, dass die letzten aus der damaligen Zeit verbliebenen Bauten noch dieses Jahr verschwinden werden. Wir biegen in die Lettnerstraße nach rechts ab. Bevor wir weitergehen, werfen wir kurz einen Blick zurück auf das „Lutz“-Haus“, das 1926 von dem Schulrat und Ehrenbürger Joseph Lutz gekauft worden ist. Seine Söhne Theobald und Joseph-Maria, der uns bekannte Heimatdichter, sind dort aufgewachsen. Nach wenigen Metern biegen wir in die Hörlstraße ein. Hier gibt es noch ein paar alte, „verträumte“ Einfamilienhäuser aus den 30er Jahren. Erinnert sei nur an das „Hipp“-Haus und an das „Singer“-Haus. Auf unserem weiteren Spaziergang durch die Thallerstraße können wir keine Gebäude mehr aus dem damaligen, städtischen Wohnungsbauprogramm finden. In der Schrenkstraße bietet sich für uns abschließend eine einmalige Gelegenheit in einem Haus des Typs „kleine Familie“, Baujahr 1926. Wir besichtigen den Windfang mit seinen Glaskassetten, die für damalige Zeit typische Raumeinteilung, d.h. kleine Räume mit hohen Decken, des Weiteren die teilweise noch erhaltenen Kastenfenster, d.h. Doppelfenster in einer geschlossenen, kastenförmigen Konstruktion und das Treppenhaus mit der langgezogenen Holztreppe. Außerdem weist der Eigentümer auf die damals üblichen Holzdecken mit Fehlböden hin.Die Murhammerstraße haben wir auf unserem Spaziergang ausgelassen. Hier wurden vor wenigen Jahren die 1928 gebauten Stadthäuser abgerissen und durch wuchtige Neubauten ersetzt.Ja, das Beamtenviertel hat schon viele der schönen, charakteristischen Häuser aus den Anfängen des vergangenen Jahrhunderts verloren. Es bleibt zu hoffen, dass die letzten, verbliebenen Altbauten von ihren Eigentümern weiter liebevoll gepflegt werden. Eine Unterstützung von Seiten der Stadt wäre wünschenswert. Immerhin ist ein Anfang mit der 2018 erfolgten Aufstellung des Bebauungsplans „Schrenkstraße“ gemacht.Zuletzt sei noch erwähnt, dass mit den Straßennamen des Beamtenviertels diejenigen Menschen geehrt werden, die sich in Form von Stiftungsgründungen in den letzten 600 Jahren um die Stadt verdient gemacht haben. All die Einzelstiftungen wurden in den letzten hundert Jahren schrittweise zusammengefasst und mündeten schließlich 1956 in der Hlg. Geist- u. Gritsch’schen Fundationsstiftung Pfaffenhofen a. d. Ilm, welche von der Stadt Pfaffenhofen verwaltet wird.Peter Eberhard, 12. 5. 2019Quellen:• Heinrich Streidl: Häuserchronik der Stadt Pfaffenhofen a. d. Ilm,. W. Ludwig Verlag Pfaffenhofen 1982• Andreas Sauer: Pfaffenhofener Stadtgeschichte(n) Nr. 5, Dezember 2005, Die Straßennamen der Stadt Pfaffenhofen a.d.Ilm und ihrer Gemeindeteile• Stadtarchiv Pfaffenhofen an der Ilm: Der städtische Wohnungsbau und seine Anfänge, pafunddu.de (09.07.2015)
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