Neues und Historisches

Häusergeschichten: das ehemalige Café Herb, Hauptplatz 37

Häusergeschichten: das ehemalige Café Herb, Hauptplatz 37

i 30. November 2019 von U. Beyer

Ein neues Café auf geschichtsträchtigem Boden, das ist das Café Wiesender, ehemals Herb, am Pfaffenhofener Hauptplatz. Jahrelang stand es leer, das unter Denkmalschutz stehende Traditionscafé Herb. Manche befürchteten schon, dass es abgerissen würde, was zum Teil auch geschehen ist, aber der vertraute Anblick blieb weitgehend erhalten.

Im Laufe der Umgestaltung fanden Ausgrabungen statt, die tiefere Schichten der Vergangenheit freilegten. Die archäologischen Grabungen auf dem Grundstück förderten interessante Funde zutage, die von Krieg, Brand, Handel und Wohlstand zeugen. So wurden z. B. eine Armbrust-Pfeilspitze, verkohltes Holz in Pfostenlöchern, Silbermünzen, Glas und der Kopf einer besonderen Schachfigur gefunden - alle aus der Zeit vor dem Bau des Hauses, das die Pfaffenhofener in Erinnerung haben. Spuren im Erdreich deuteten an, dass das Grundstück nach dem Niederbrennen der Stadt im Städtekrieg 1388 ein paar Jahrzehnte lang brach lag und dass sich danach über einem kleinen, gemauerten Keller ein Fachwerkhaus erhob, bevor ein vollständiger Ziegelbau errichtet wurde.

Dendrochronologische Untersuchungen ergaben, dass das Holz der Dachbalken von 1508 stammte, das Gebäude also eines der ältesten in der Stadt ist, auch wenn es im Lauf der Jahrhunderte immer wieder Veränderungen erfuhr. Die bereits vorhandene Schweifgiebel-Fassade wurde zum Beispiel erst 1903 im damals beliebten Neurokoko-Stil mit Stuck-Ornamenten und Arkaden ergänzt.

Oft wechselte das Haus seinen Besitzer. Die verschiedensten Bürger wohnten und arbeiteten hier, z. B. ein Gerichtsschreiber, ein Metzger, ein Schuhmacher, ein Organist, ein Apotheker, ein Stadtschreiber. Seit 1821 waren es hauptsächlich "Melber" (= Mehlhändler), auch mal ein Bäcker, bis dann 1885 der Konditor Willibald Herb in das Anwesen einheiratete. Über 120 Jahre lang - bis 2005 wurde die Konditorei von der Familie Herb betrieben. Das zugehörige Café gehörte zu den beliebtesten in der Stadt. Der Betrieb ging traditionsgemäß immer vom Vater auf den Sohn über, bis sich die Zeiten änderten, die Konkurrenz wuchs und die Personalkosten stiegen. Die Konditorei wurde aufgegeben. Lange stand das Gebäude leer, denn niemand wollte es mehr haben, weil es alt und verwinkelt war und der Denkmalschutz einem Neubau im Wege stand.

Das Café Herb wird abgerissen!" ging Mitte Dezember 2013 das Gerücht, und es war sogar was dran, aber Pfaffenhofen hat Glück: Ein ortsansässiger Geschäftsmann mit Sinn für Tradition, Bernhard Nischwitz, fand sich als Käufer. Er hatte einen Plan, den er mit Genehmigung des Landratsamts Pfaffenhofen verwirklichte: die Fassade zu erhalten und dahinter einen Neubau zu errichten. So blieb einerseits der Stadt ein charakteristisches Schmuckstück erhalten und andererseits wurde eine zeitgemäße Nutzung möglich.

Die bröckelige historische Fassade mit ihren dekorativen Schweifgiebeln und Neurokoko-Ornamenten wurde unter hohem Aufwand stabilisiert und denkmalgerecht restauriert, obwohl eigentlich zu erwarten war, dass das Gebäude und also auch die Fassade von der Denkmalliste gestrichen würde, wie es eine neue Richtlinie im Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege eigentlich vorsieht. Doch der Heimat- und Kulturkreis Pfaffenhofen argumentierte, dass Artikel 1 des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes auf die verbliebene Fassade nach wie vor zutrifft: Sie ist immer noch historische Originalsubstanz, von künstlerischer Bedeutung, Zeugnis der wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung Pfaffenhofens und charakteristischer Bestandteil des Hauptplatzensembles, das geprägt ist von der Architektur des Historismus. Aus diesen Gründen hat sie immer noch den Denkmalstatus verdient. Diese Argumentation hatte Erfolg: der Denkmalstatus wurde der Fassade nicht aberkannt.

Ein Glücksfall für Pfaffenhofen - ein Bärendienst für den Denkmalschutz? Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege in München sprach sich 2013 gegen den Abriss des Gebäudes aus, der trotzdem vom Landratsamt Pfaffenhofen genehmigt wurde. Was wäre sonst aus dem Gebäude geworden? War es richtig, die Fassade weiterhin als Baudenkmal zu schützen oder wird damit ein falsches Beispiel gegeben?
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Quellen:
Brief des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege vom 26.11.2018 an die Stadt Pfaffenhofen a. d. Ilm

Willi Hailer: Café Herb wird geschlossen. https://www.donaukurier.de/lokales/pfaffenhofen/Cafe-Herb-wird-geschlossen;art600,1800876 (aufgerufen am 23. 1. 2019)

Bernd Kriens: Schach dem Abbruch - Anfang und Ende des Café Herb in Pfaffenhofen a. d. Ilm. in: Das archäologische Jahr in Bayern 2015, S. 156-158.

Heinrich Streidl: Häuserchronik der Stadt Pfaffenhofen a. d. Ilm. W. Ludwig Verlag Pfaffenhofen 1982 (Seite 38-39)

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