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Beim Geisreiter: Sägemühle und Schwimmbad Beim Geisreiter: Sägemühle und Schwimmbad

Beim Geisreiter: Sägemühle und Schwimmbad

i 19. April 2021 von U. Beyer

Die Geisreiter-Sägemühle an der Ilm, am Südrand Pfaffenhofens existiert schon seit Jahrhunderten. Zum ersten Mal urkundlich erwähnt wurde sie 1389. Nach zahlreichen Besitzerwechseln heiratete im Jahre 1832 ein Lorenz Geisreiter die damalige Sägmüllerstochter. Seitdem ist das Anwesen im Besitz dieser Familie. Auch eine Lodner- und Weißgerberwalk gehörten dazu, in denen Loden hergestellt und helles, zartes Leder gegerbt wurden. Später hat Lorenz Geisreiter auch Pflanzenöl gepresst, wie die Beschriftung einer historischen Ansichtskarte beweist. (s. o.)

1857 empfahl die Staatsregierung die Einrichtung von Badeanstalten "zur Beförderung des Gesundheitszustandes". Das nahm der geschäftstüchtige Lorenz Geisreiter zum Anlass, mit Unterstützung der Stadtgemeinde ein Badehaus zu errichten. Nach "sittlichen Übertretungen" forderte die Polizei Geschlechtertrennung, denn Schulkinder beiderlei Geschlechts würden "gemeinschaftlich baden und sich hierbei keiner Schwimmhose bedienen". Nach 20 Jahren wurde dieses Badehaus wegen Hygienemängeln geschlossen.

Dafür entstand 1887 bei der Arlmühle im Norden Pfaffenhofens ein neues Bad, dort wo sich heute im Bürgerpark das Wasserrad dreht. Drei Badehütten wurden errichtet. Aus einer davon konnte man in die Ilm hinausschwimmen. Doch auch dieses Bad gab es nicht lange, weil ganz in der Nähe der Schlachthof gebaut wurde, der das Wasser verschmutzte.

Deshalb wurde schließlich 1901 doch wieder bei der Sägemühle ein städtisches Freibad errichtet. Der Magistrat erließ eine Badeordnung, die es z. B. verbot, auf dem Boden herumzuliegen und im Liegeraum zu lesen, "weil dies die Gehirntätigkeit beeinflußt". Weiblein und Männlein waren durch einen Holzplankenzaun getrennt, bis in die 1930er Jahre. Wegen der wachsenden Beliebtheit musste das Bad nach dem ersten Weltkrieg wiederholt modernisiert und erweitert werden.

Der letzte Badbetreiber, Heinrich Geisreiter, war als guter Schwimmer und Turmspringer stadtbekannt. Folgendes anonyme Lobgedicht rühmt ihn anlässlich einer Veranstaltung des MTV vor dem zweiten Weltkrieg an der Ilmbrücke in der Münchener Straße:

Die große Sensation: Die nächtlichen Stromspringer

Lau ist die Nacht, der Mond scheint mild.
Was rennen dort die Leut so wild
den Hauptplatz durch zur Bahnhofstraß?
Gibt's Unglück, Feuer, sonst etwas?
So fragen sie und hasten schnell
zur Ilmbruck naus zum Gerber Schöll.
Und immer mehr wird das Gelaufe
und immer größer der Menschenhaufe
dort, wo die Ilm so mächtig braust.
Dir schwindelt, wennst grod obi schaust.
Dort stehen kühne Turnerrecken,
das Volk ringsum tut tief erschrecken.
Und vor Entsetzen alles schweigt,
als einer auf das Glander steigt.
Und also er zum Volke spricht:
"Ihr lieben Leut, ihr glaub es nicht,
in diese wilden, mächtgen Wogen
spring ich hinab in großem Bogen,
und alles dieses um 50 Pfennig,
kein Zuviel und kein Zuwenig."
Wer ist denn dieser wild Gesell?
Oh sagt es uns gleich auf der Stell!
Und einer rufet froh und heiter:
"Es ist der Bonzo Ziegenreiter."
Jetzt wirft er weg den Rock mit Schwung,
winkt mit der Hand und tut den Sprung.
"Das tun wir auch", sagt der Karl Schranner.
"Was meint ihr andern Turnersmanner?"
"Da kunntst no zugehn, des san Pflanz",
sagt Schmid Hans da zum Birk seim Franz.
Doch alle sprangen, dös ist stark
für eine halbe, halbe Mark.
Das Volk tat freudig heimwärts gehen,
denn sowas hams noch nie gesehen.
Die Springer aber, ziemlich nass,
ham dann geleert ein ganzes Fass.

Leider wurde das idyllische Geisreiterbad bald nach dem zweiten Weltkrieg wegen erheblicher Schäden und Wasserverschmutzung wieder geschlossen. Statt dessen entstand ein neues Schwimmbad am Gerolsbach.

Textquellen:
• Heinrich Streidl: Stadt Pfaffenhofen a. d. Ilm. Pfaffenhofen 1979 , S. 219 f und S. 315 f
• Anonymes Gedicht aus dem Privatbesitz der Familie Geisreiter
• "Digitales Treffen des Seniorenbüros: die Geschichte des Geisreiter-Bades" Pfaffenhofener Kurier vom 15. 4. 2021•

Bildquellen:
• Fundus der Familie Geisreiter
• Privatfundus Ursula Beyer
• Stadtarchiv
• Rutsch Franz: Pfaffenhofen a. d. Ilm - Ein Bilderbogen durch die Zeit. Pfaffenhofen 1981, S. 76


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