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Häusergeschichten: Der Pfaffelbräu - Der Wirt im Turm und ein verborgenes Kreut

Häusergeschichten: Der Pfaffelbräu - Der Wirt im Turm und ein verborgenes Kreut

i 10. Dezember 2019 von U. Beyer

Gerne sitzen im Sommer die Gäste unter den Sonnenschirmen vor dem Pfaffelbräu am Hauptplatz gegenüber der Stadtpfarrkirche und genießen die Atmosphäre.

"Der Pfaffel" ist eines der ältesten Gebäude Pfaffenhofens. Dokumentarisch erfasst wurde es als Gastwirtschaft erstmals 1595, als der damalige Besitzer, Brauer und Bürgermeister, "Bier ohne Satz" ausgab und dafür im Turm landete. "Bier ohne Satz" heißt, ohne Preisgenehmigung vom Rat der Stadt.
Nach der Zerstörung im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) baute es Christoph Pfäffel (Besitzer seit 1630) wieder auf. 1807 kaufte der damalige Eigentümer Anton Müller das benachbarte „Frühmessner-Haus“ dazu. Hier wohnte bis ins 19. Jh. der Geistliche der die Frühmesse lesen musste.

Dass unter dem Dach der ehemaligen Brauerei früher Getreide und Hopfen gelagert wurde, verraten die beiden "Ladeluken" am Giebel. Durch sie wurden Säcke eingeholt, die ein Flaschenzug nach oben beförderte. Dagegen zeigt das geschwungene Dach des Erkers am ehemaligen Frühmessner-Haus neubarocke Einflüsse aus der Renovierungszeit um 1887.

Bei den Renovierungsarbeiten machte man in einer Doppelwand unter dem Dach einen ungewöhn¬lichen Fund: ein zwei Meter hohes Kruzifix aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, der Spätgotik. Wie war es dort hingekommen?
Vermutlich hatte es in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges oder eines der späteren Erbfolge¬kriege der damalige Kaplan aus der Stadtpfarrkirche entfernt und hier in seinem Wohnhaus ver¬steckt, um es vor Plünderern zu retten. Dann musste er fliehen und kam nicht zurück. Jahrhunderte vergingen, der Schatz und das Versteck gerieten in Vergessenheit, das Frühmessner-Haus wurde dem Pfaffelbräu einverleibt, die Wirte wechselten.
Als das Kreuz 1887 wieder aufgetauchte, nahmen es das damalige Wirtsehepaar an sich und hielt es in Ehren. Lange nach dem Tod des Wirts bestimmte seine Witwe auf dem Sterbebett in einem Gespräch mit dem Spitalbenefiziat das wertvolle Kruzifix zur Übergabe an die Franziskaner. So kam es 1950 ins Franziskanerkloster nach Ingolstadt.
Jahrelang bemühte sich der Heimatforscher Heinrich Streidl darum, es wieder nach Pfaffenhofen zu holen – vergeblich. Bevor er starb, musste ihm sein Freund und Nachfolger Reinhard Haiplik versprechen, sich weiter dafür einzusetzen. Erst als das Ingolstädter Franziskaner¬kloster aufgelöst wurde, entdeckte man diesbezügliche Briefe, und so gelangte das Kreuz zurück. Seit 2005 hängt es wieder dort, wo es hingehört: im Altarraum der Stadtpfarrkirche – als Dauerleihgabe.

Der Pfaffelbräu war eine von ehemals 13 Brauereien am Ort. Er ist erhaltenswert als Zeugnis der Stadtgeschichte sowie unserer Brau- und Gaststättentradition. Dazu siehe auch "Braukultur mit Baukultur" über die Unternehmerfamilie Müller in Pfaffenhofen.

Quellen:
Streidl Heinrich: Der Irrweg eines Kreuzes. In: Unsere Heimat Nr 4, Dez.1987 (Beilage des Pfaffenhofener Kuriers)
Streidl, Heinrich: Häuserchronik der Stadt Pfaffenhofen a.d.Ilm. Pfaffenhofen 1982
http://geodaten.bayern.de/denkmal_static_data/externe_denkmalliste/pdf/denkmalliste_merge_186143.pdf (20.9.2015)
http://gasthaus-pfaffelbraeu.de/startseite/ (20.9.2015)
Mündliche Aussagen von Reinhard Haiplik am 11.10. 2014

(Ursula Beyer 2016/2018)

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